Vespa V50
Die Vespa 50, entwickelt von Piaggio im Jahr 1963, war der erste Roller des Unternehmens mit einem Hubraum von 50 cm³. Ihre Produktion erstreckte sich bis in die 1990er Jahre, und mit über vier Millionen verkauften Exemplaren zählt sie zu den erfolgreichsten Modellen der Vespa-Geschichte.
Der Smallframe-Rahmen
In den 1960er Jahren beauftragte Piaggio seine Ingenieure, einen leichten und kompakten Rahmen – den sogenannten Smallframe – zu entwickeln. Die Erkenntnisse aus früheren Modellen dienten als Grundlage.
Im Vergleich zu den Largeframe-Modellen wie der Sprint oder der späteren PX-Serie wies der Smallframe-Rahmen folgende Unterschiede auf:
- Seitendeckel statt Seitenhauben, wobei die erste Serie einen kleineren Deckel hatte, der später vergrößert wurde.
- Deutlich geringeres Gesamtgewicht.
- Kein Ersatzradhalteblech.
- Schmaleres Beinschild.
Die selbsttragende Konstruktion des Rahmens kombiniert technische Raffinesse mit zeitloser Eleganz und begeistert bis heute.
Der Vespa 50 Motor
Der Motor der V50 war eine Neuentwicklung, die auf den Motorkonzepten der Vorgänger aufbaute, jedoch auch viele grundlegende Änderungen aufzuweisen hatte. Der gebläsegekühlte Motor war im Gegensatz zu den nur vom Fahrtwind luftgekühlten Motoren auch bei Stadtverkehr mit viel Stop and Go vor dem Hitzetod geschützt.
Die Kupplung wurde von der Kurbelwelle auf die Nebenwelle verlegt, wodurch sie nicht mehr die Drehzahlen der Kurbelwelle aushalten musste. Das Konzept des Drehschiebers blieb aber erhalten.
Der Zylinder wurde um 45° versetzt und hatte den Auslass zur Heckseite. Des Weiteren wurden die Auspuffanlagen beim Smallframe Motor mit einem Flansch versehen.
Das Konzept der Schaltung änderte sich grundsätzlich. Während die Largeframemodelle eine seitliche Schaltraste hatten, so wurde bei der Vespa 50 eine Schaltgabel verbaut, welche die Gänge über eine Schaltklaue wechselt. Die technische Umsetzung bei der V50 hat sich als äußerst haltbar erwiesen.
Auch die Verlegung der Kupplung auf die Nebenwelle sorgte für eine höhere Haltbarkeit, weil die Masse der Kupplung nicht mehr die vollen Drehzahlen der Kurbelwelle aushalten musste sondern nur noch Drehzahlen, die durch das Primärgetriebe reduziert wurden.
Die Lagerung der Kurbelwelle war nicht auf hohe Leistung ausgelegt. Das obere Pleuellager war lediglich mit einer Kupferbuchse ausgestattet, die wenig Spielraum für stärkere Belastungen ließ. Erst die späteren Smallframe Vespa PK Modelle erhielten ein Nadellager, das den Einsatz leistungsstärkerer Motoren ermöglichte. Glücklicherweise haben sich Kurbelwellen von anderen Herstellern, wie zum Beispiel Mazzucchelli, als Lösung für dieses Problem erwiesen. Mazzucchelli hat ein umfangreiches Sortiment an Kurbelwellen angeboten, das diesen Nachteil ausgeglichen hat und den Einsatz leistungsstärkerer Motoren ermöglichte.
Ein besonderes Merkmal der Vespa Smallframe Motoren ist, dass die Motorblöcke der einzelnen Baureihen von 50 cm³ bis 125 cm³ durchgehend das gleiche Motorgehäuse besitzen und sich darin verschiedene Kurbelwellen, Zylinder und Primärgetriebe verbauen lassen.
Das Fahrwerk
Das Fahrwerk der Vespa 50 wurde im Laufe der Jahre von Piaggio mehrfach verändert. Während Schwinge, Lenkrohr und Stoßdämpfer über die Jahre unverändert blieben, so gab es bei den Bremstrommeln und Felgen gleich vielfache technische Änderungen. Es war jedoch immer nur für eine ruhige Fahrweise geeignet.
Zwar war die Schwinge vom Lenkrohr abnehmbar und ermöglichte so einen bequemen Wechsel der Nadellager., jedoch tauchte der Stoßdämpfer durch den Winkel der Schwinge beim Bremsen immer sehr tief ein, was das Fahrwerk schnell überforderte. Durch bessere Stoßdämpfer konnte das Problem ein wenig gelindert, jedoch aber konstruktionsbedingt nicht vollständig behoben werden. Für eine sportliche Fahrweise wurden in späteren Jahren in der Vespa Szene modifizierte Lenkrohre der späteren PK Modelle eingesetzt.
Die frühen Modelle hatten zu Beginn geschlossene Felgen mit einer 4-Loch Verschraubung und einer Felgengröße von 9 Zoll. Piaggio änderte die Bremstrommelaufnahme, was eine leichtere Wartung der Bremse ermöglichte. Für die geänderte Trommel wurden 9" Felgen in offener Ausführung produziert, die aber weiterhin an vier Punkten verschraubt wurden. Erst später produzierte Piaggio für die Vespa 50 Felgen mit einem Durchmesser 10" und einer 5-Loch Verschraubung. Die beliebten Felgen in geschlossener Form sind heute sogar in 10 Zoll erhältlich. Piaggio übernahm das Konzept der offenen 5-Loch Felge auch für die später erscheinende Vespa PK 50 S/XL.
Alle Vespa 50 / 125 Modelle im Überblick:
Die erste Vespa 50 war die "1. Serie" und hatte einige besondere Merkmale, die sie von den späteren Smallframe Modellen unterschied. Das waren der kurze Radstand, der kleine Seitendeckel, die Strebe vor dem Tank, die Bohrung für den Zylinderfuß, die Sicherung am Primärgetriebe und einige andere Details mehr.
Die Vespa 50 L war eine für den italienischen Markt hergestellte Rundlenker mit Blechnase. Besonderheiten waren u.a. der aufgeklebte Schriftzug.
Die Vespa 50 Special hatte einen Trapezlenker und eine Kunststoffkaskade. Für kurze Zeit gab es die V50 Special auch als Trapezlenker mit Blechnase - Piaggio hat da wohl verbaut was noch im Regal lag. Die V50 Special hatte ursprünglich eine 6V Kontaktzündung, die sie sich mit der Primavera 125 teilte. Spätere Modelle hatten eine Vierfach Blinkeranlage mit 12V. Diese Zündung war weiterhin eine Kontaktzündung mit Kondensator. Das verbaute Polrad war schwer, konnte aber auch für eine kontaktlose Zündung verwendet werden, weil es überlappende Magnete zum Auslösen des Pickups hatte.
Die für den deutschen Markt hergestellten Vespa 50 hatten in der Regel alle das Kürzel "N". Die Vespa 50N gab es sowohl mit Rundlenker und Blechkaskade als auch mit Trapezlenker und Kunststoffkaskade.
Mit etwa 430 Stück war die Vespa Vespa 50 Elestart eines der am wenigsten gebauten Modelle. Dieses Modell war der Special sehr ähnlich. Äußere Unterscheidungsmerkmale waren mitunter der ebenfalls abnehmbare Seitendeckel auf der linken Seite. Probleme mit der Ersatzteilversorgung und der geringe Mehrwert des Dynastart Startermotors sorgten nur bei wenigen Liebhabern für Freude.
Die herausragendsten Merkmal der Vespa 50/90 Supersprint sind der schmale Rahmen, der schmale Kotflügel, die verchromte Banane, die zwischen Lenkkopf und Sitzbank montierte Toolbox und der in Fahrtrichtung befestigte Reserveradhalter. Die Supersprints sind mittlerweile sehr teuer geworden und werden oftmals als Replika nachgebaut, und dann als Supersprint angeboten. Für den Nachbau werden normale V50 Rahmen verwendet, die mit einer Blechschere zugeschnitten werden und mit einer neuen Sicke versehen werden. Hier gilt es beim Kauf eines solchen Modells also ganz besonders aufzupassen und zu überprüfen, dass es sich bei dem angebotenen Roller auch tatsächlich um eine echte Supersprint handelt, die zum Verkauf angeboten wird.
Die Primavera 125 / PV wurde auf Basis der Vespa 50 hergestellt. Sie hatte einen größeren Rundlenker und i.d.R. ein Seitenfach in der Seitenbacke.
Die ET3 war dem Nachfolger Primavera 125 sehr ähnlich. Die ET3 hat jedoch eine kontaktlose Zündung und einen Überströmer mehr im Zylinderfuß als die Primavera. Die ET3 hatte im Gegensatz zur Vespa 50 zudem auch immer ein Seitenfach in der Seitenbacke.
Der Vorgänger der Primavera war die Nuova. Diese war wie die Vespa V50 mit einem Schwanenhalsrücklicht ausgerüstet.
Die Primavera wurde in den 90er Jahren in Japan als Neuauflage gefertigt und fand gelegentlich den Exportweg nach Europa.
Die Primavera gab es auch in einer spanischen Version mit 75 cm³ als Lizenzfertigung von Motovespa. Bei den spanischen Modellen wurden besonders die Motorkomponenten anders gestaltet. Selbst die Kurzhubmodelle mit 75ccm wiesen im Gegensatz zur deutschen und italienischen Vespa V50 riesige Gehäuse Überströmer auf.
Die V50 Pedalo war eine in Frankreich gebaute Lizenzfertigung mit Tretpedalen.